Sonne: Jetzt auch noch K-Pop? Im Blog-Artikel "YAY!THERE – wie konnte das passieren?" hast du die Frage ausgiebig beantwortet. Dann frage ich dich jetzt, was dir K-Pop inzwischen bedeutet? Immerhin hörst du das seit September 2024 rauf und runter.
S. Rayker: Für mich ist Musik immer mit einem Lebensgefühl verbunden. Tom Petty begleitet mich seit 1992 durch dick und dünn, der Hazbin Hotel Soundtrack hat mich letztes Jahr so richtig intensiv durch den Alltag begleitet, dann kam EPIC – das Musical, bis Stray Kids mich kopfüber ins Rabbit Hole gezogen hat. Ich gehöre zu den Menschen, die etwas ganz oder gar nicht lieben, und dann ist es in der Regel auch von Dauer. Erst wird es exzessiv gehört (geschaut, gelesen ...), bis ich das Gefühl habe, den inneren Platz dafür so richtig schön eigerichtet zu haben, dann landen die Lieblingssongs auf einer Playlist, die von all meinen Lieblingen was dabei hat. Ja, diese Liste ist so chaotisch wie ich (Spotify: Rock this way).
https://open.spotify.com/playlist/7qi7LcLBkkZBNvm3Z5QJ28?si=c5a05cb4517b45c9
Musik ist für mich wie ein transportabler Safe Space.
Sonne: Kann etwas so Populäres ein Safe Space sein?
S. Rayker: Sicher, warum nicht? Nur, weil etwas viele Menschen begeistert, bedeutet es nicht, dass es hirnloser Mist ist. Wie man Musik empfindet ist individuell und irgendwie auch persönlich. Es gibt das, was man mit anderen teilt, und das, was es mit einem macht. Da dies mein vierter Roman mit Musikbezug ist, könnte man eine Ahnung bekommen, wie wichtig mir diese Kunstform ist, oder?
Sonne: Aber sind die Mitglieder von Stray Kids für dich nicht zu jung, um bewundert zu werden?
S. Rayker: Ich halte nicht viel von Personenkult, sondern von der Bewunderung dessen, was Künstler*innen erschaffen. Tom Petty ist damals ein alter Mann für mich gewesen, als ich als glühender Fan die Konzerthalle wieder verlassen habe. Wir reden hier nicht von dem Fan-Sein mit glitzernden Herzchen und romantischen Fantasien. Die Kustschaffenden auch menschlich besser kennenlernen zu wollen, indem man sich Interviews, Dokus, TikToks anschaut, ist bis zu einem gewissen Maß eine normale Sache. Die Lebensgeschichten kennenzulernen, lässt uns auch die Kunst verstehen, die diese Menschen erschaffen. Das lernen wir spätestens bei der Texterörterung in der Schule. Tom Petty ist mir immer mit einen Einstellungen und dem Umgang mit anderen ein Vorbild gewesen. Bei Stray Kids bin ich davon fasziniert, was die Jungs alles leisten. Ich bin begeistert, dass sie ihre Songs selbst schreiben und produzieren, und vieles mehr. Das hat alles nichts mit dem Alter zu tun. Sollte ich je meinen BH auf die Bühne schmeißen, können wir über den Altersblödsinn gern noch mal reden.
Sonne: Dreht sich deine Geschichte deshalb nur zweitrangig um die Idols?
S. Rayker: Ich erzähle gern Geschichten mit einem gewissen Mehrwert. Wie hart das Musikgeschäft ist, habe ich in ROCK THIS WAY schon beschrieben. Bei K-Pop legen sie zwar noch eine Schippe drauf, aber mein Gefühl sagte mir, dass jemand anderes im Fokus stehen sollte. Das Wahlergebnis in den USA hat auch mit reingespielt. Ich finde es entsetzlich, was dort drüben passiert. Besonders, wie gerade mit trans Menschen umgegangen wird. Mein Familien- und Bekanntenkreis ist sehr bunt, und das, was gerade passiert, macht mich persönlich betroffen. Deshalb geht es um Jay.
Sonne: Stimmt, du hast ja auch ein langes Nachwort zum Thema Mobbing verfasst. Willst du dazu noch was sagen?
S. Rayker: Es fiel mir unglaublich schwer, das Nachwort sachlich und ohne Beleidigungen zu verfassen. Mobbing ist wie so eine Arschlochkrankheit, die Gruppen und Klassengemeinschaften befällt und sehr schwer zu behandeln ist. Ich hoffe, mit diesem Roman ein paar Kids stärken zu können, die ähnliches durchmachen müssen, die sich selbst infrage stellen, weil ihnen ständig vermittelt wird, sie wären das Problem. Anders zu sein ist kein Fehler! Wir haben erleben müssen, wie die Verantwortlichen beim Umgang damit kläglich versagt haben, wie machtlos man daneben steht und wie hart es ist, seinem Kind im Schulalltag nicht helfen zu können. Das macht diesen Roman auch so persönlich für mich.
Sonne: Ist das denn jetzt ein Jugendroman oder New Adult?
S. Rayker: Mit dem richtigen Genre tu ich mich tatsächlich schwer. Ja, er ist locker für Lesende ab 14 Jahre geeignet, würde ich sagen. Vielleicht 15 ... aber nach oben ist da keine Grenze. Meine Testlesenden sind alle in meinem Alter und das Feedback sagte jedes Mal, sie wären förmlich in die Handlung reingezogen worden. Ein Lob, das mich immer so richtig freut. Ich spreche gern von All-Age, weil ich überzeugt bin, dass nur das Mindestalter wichtig ist. Und mal ehrlich, wer trägt nicht noch Altlasten seiner Schulzeit in sich?
Na dann, viel Vergnügen!
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