Wie schütze ich mein Kind davor, andere Kinder zu mobben?
Das Ausmaß der böswilligen, entwerten-den Äußerungen und Handlungen im Schul-alltag sind seit vielen Jahren ein zunehmend großes Thema. Meist wird eine Lösung für die Mobbing-Opfer (die Kinder, die Ziel der Übergriffe sind) gesucht – beispielsweise wie diese sich verhalten sollen, wenn sie Leid zugefügt bekommen oder aber, was Eltern tun können, um das Selbstbewusstsein ihrer Kinder zu stärken. Diese Aufklärung ist wichtig, da Kinder, die einmal zum Mobbing-Opfer gemacht wurden, unter Umständen noch viele Jahre mit daraus resultierenden Problemen zu kämpfen haben.
Das Urvertrauen in zwischenmenschliche Beziehungen,
ebenso wie dasSelbstbewusstsein und das Selbstvertrauen,
werden durch Mobbingerfahrungen soweit geschwächt, das es
sehr lange dauern kann, bis das Kind wieder Sicherheit empfindet.
Doch es sind nicht nur die Mobbing-Opfer, denen geholfen werden muss. Denn ein Kind würde niemals zu einem aktiven Mobber werden, wenn es einen verlässlichen Rückhalt, ein positives Empfinden sich selbst gegenüber hätte und wenn die erlernte Kommunikationsfähigkeit Respekt beinhielte. Eine tiefsitzende Unsicherheit spielt in dem Geflecht von aktiven Mobbern, passiven Mobbern und den Gemobbten eine wichtige Rolle.
Kinder beginnen aktiv zu mobben, weil sie ein Ventil für ihre eigene Verzweiflung benötigen. So passiert es, dass Kinder, die Zuhause beispielsweise wegen einer als zu aufgeweckten oder nicht angemessen empfundenen Art oder eines besonderen körperlichen Merkmals abwertend behandelt werden oder sich alleingelassen fühlen, den dabei entstehenden Seelenschmerz auf andere Kinder übertragen.
Mobber wollen den Wert
ihrer eigenen Person wieder steigern,
indem sie den Wert
anderer Personen mindern.
Insbesondere bei Kindern, die ebenfalls Besonderheiten, Begabungen oder besondere Stärken an sich haben, haben Kinder mit bereits gemindertem Selbstwertgefühl das
Bedürfnis, dass diese es auch schwer – oder gar noch schwerer als sie selbst – haben sollen. Das ist Neid auf die Akzeptanz des anderen. Aktiv mobbende Kinder unterstellen den gemobbten Kindern
eventuell nur eine der Eigenschaften, für die sie selbst kritisiert wurden – das heißt, sie streuen Gerüchte- – um zu sehen, ob das andere Kind dann weniger gemocht wird. Dazu kommt es, weil Mobber kein Vertrauen darin haben, dass ihre Person, trotz vermeintlicher
Fehler, gemocht werden kann und dass sie selbst Erfolge erleben können, auch wenn andere Kinder ebenfalls gute Leistungen erbringen. Kindern, die mobben, fehlt Geborgenheit und Akzeptanz und weil
sie dies nicht ertragen, bringen sie ihre Opfer in die gleiche Situation. Oftmals haben Kinder die mobben zwei Gesichter: sehr aufgeschlossen und gespielt nett und hilfsbereit zu Erwachsenen und
auf der anderen Seite extrem beleidigend, abwertend und demütigend zu anderen Kindern.
Die Problematik des Mobbings darf nicht mit Meinungsverschiedenheiten oder vorübergehenden Streitereien verwechselt werden, welche völlig normal und äußerst wichtig für die Entwicklung sind. Jede Art von körperlicher oder psychischer Demütigung, Beleidigung und Abwertung ist bereits Mobbing. Dennoch sollte sensibel auf die Verhaltensweisen von Kindern geachtet werden, damit allen Beteiligten schnellstmöglich geholfen werden kann. Es geht nicht darum, Kindern zu sagen, dass sie nicht mobben dürfen und sie haltlos zu bestrafen, sondern darum, zu verstehen, warum sie mobben und auch ihrem Leid Beachtung zu schenken, sonst kann die Situation verschlimmert und der Mobber in eine Isolation getrieben werden. Vielleicht besteht seitens des Mobbers Angst, aus der entstandenen Dynamik auszusteigen, weil er denkt, dann seinen erworbenen Respekt der Mitschüler zu verlieren.
Es ist das Fehlen von Empathiefähigkeit, welches Kindern eine Basis dafür bietet, andere Kindern grundlos und unverhältnismäßig Leid zuzufügen.
Seine Empathiefähigkeit verliert aber niemand ohne Grund,
es gibt immer einen Auslöser, der dazu führt, dass ein Mensch –
egal ob ein Erwachsener oder ein Kind – sein Herz verschließt.
Aktiv mobbende Kinder haben ein großes Problem mit angemessener Kommunikation. So werden sie häufig selbst zu oft und streng bewertet oder aber viel zu wenig in ihrer Individualität beachtet. Dies führt zu einer immer größer werdenden Frustration, die ein Kind irgendwann nicht mehr verarbeiten kann. Woran Sie erkennen, dass ihr Kind sein Herz verschlossen hat und welche Möglichkeiten es gibt, ein Kind davor zu bewahren, beschreibt die Kinder- und Jugendlichen Psychotherapeutin Gundula Göbel in ihren Büchern „Emotionale Hungersnot“ und „Schrei nach Geborgenheit – Emotionale Begleitung bis in die Pubertät“.
Es gibt viele Ratschläge, wie Eltern ihre Kinder trösten und stärken können, wenn sie zum Mobbing-Opfer gemacht wurden. Jedoch fehlen oftmals eine konkrete Hilfe und Schutz. Die Eltern der Mobbing-Täter stehen häufig mit genau so wenig Beistand und Schuldgefühlen dar, obwohl sie ebenso hilflos sind. Dabei ist es sehr wichtig, dass das mobbende Kind in diesem Moment keine weitere Frustration, keine Entwertung erfährt. Das Kind braucht Unterstützung und klare Grenzen, aber vor allem braucht es endlich einen Halt. Der Wunsch nach Geborgenheit und Sicherheit besteht bei Kindern in der Pubertät ebenso wie bei einem Kleinkind! Ein mobbendes Kind sucht das Gefühl von Zugehörigkeit oder gar Macht, wenn es andere Kinder gegen das Opfer aufhetzt, es will eventuell Grenzen überschreiten, weil seine eigenen Stoppsignale bisher nicht ernst genommen wurden und es wünscht sich Aufmerksamkeit.
Geben Sie als Elternteil ihrem Kind Aufmerksamkeit,
trauen Sie sich, ihr Kind zu trösten, statt es zu strafen,
obwohl es einen Fehler gemacht hat
und arbeiten Sie gemeinsam mit ihm daran,
zu sich und dem eigenen Glück zu finden,
ohne dafür anderen ihr Glück zu nehmen.
Bieten Sie Ihrem Kind Möglichkeiten sich emotional auszupowern, sowohl in positiven als auch in negativen Gefühlslagen. Ihr Kind darf frustriert sein, wenn seine Bedürfnisse zu lange nicht beachtet wurden. Das Wichtige ist nun, einen Weg zu finden, Frustration auf gesunde Weise abzubauen. In einem Sportverein bietet sich die Chance auf einen fairen Leistungsvergleich und das Erreichen von Erfolgen – aus eigener Kraft. Aber Kinder und Jugendliche brauchen auch verlässliche und warmherzige Eltern, die zuhören und ihnen Aufmerksamkeit schenken. Eine verlässliche Bindung bewahrt davor ein Mobber zu werden.
Die Gefahr zum – zumindest passiven – Mobber zu werden, besteht häufig auch bei ehemaligen Mobbing-Opfern. Wenn Kinder ihren Schmerz nach der Mobbing-Erfahrung noch nicht überwunden und verarbeitet haben, neigen sie dazu, sich eine Position zu suchen, in der sie emotional möglichst weit entfernt von einem Mobbing-Opfer sind. Diese Position ist die des Mobbers. Auch dies ist die Folge von einem verschlossenen Herzen und dem Versuch, sich selbst wieder aufzuwerten. Ein anderer Grund, vom Mobbing-Opfer zum Mobbing-Täter zu werden, kann aber auch die Angst sein, selbst wieder die Zielscheibe von jemand anderem zu werden, wenn er selbst nicht als erster seine Position bezieht. Achten Sie auf die innere Sicherheit Ihrer Kinder, geben Sie den Kindern Geborgenheit und Selbstbewusstsein!
Denken Sie an Ihren eigenen Wert innerhalb Ihrer Familie und innerhalb ihres ganzen Lebens – nur so vermitteln Sie dieses Gefühl auch Ihren Kindern. Egal welche Eigenarten oder welche Persönlichkeit ein Kind zeigt, jedes Kind, jeder Jugendliche und jeder Erwachsene braucht Schutz und Anerkennung.
Eine verlässliche Eltern-Kind-Bindung ist der beste Schutz.
Weitere Informationen zur Autorin: www.gundula-goebel.de
Hier nun eine kleine Zusammenfassung, worauf geachtet werden muss:
1. Der Erwachsene muss bei Mobbing-verdacht sofort einschreiten, angemessen handeln und Kinder und Jugendliche schützen.
2. Veränderungen am Verhalten des Kindes ernstnehmen, z.B. Angst vor dem Schulweg, Verweigerung an Veranstal-tungen oder Treffen teilzunehmen, Bauch- oder Kopfschmerzen, Einnässen, Schlafprobleme, Rückzug, Traurigkeit, Schulangst usw.
3. Selbstbewusste Kinder mobben nicht. Erwachsene wie Eltern, Lehrkräfte oder pädagogische Fachkräfte sind Vorbilder. Kinder schauen sich die Mobbingstruktur oftmals bei Erwachsenen ab.
4. Jede Demütigung vor anderen Leuten, jedes Bloßstellen vor der Klasse oder jede Beleidigung und jedes Vorurteil von Seiten der Erwachsenen sind erste Mobbingverhaltensweisen.
5. Mobbing macht körperlich und psychisch krank.
6. Jedes Kind braucht ganz viel Wertschätzung, Geborgenheit und Anerkennung.
7. Als Eltern nicht die „Freunde“ der Kinder auswählen oder Kinder ausgrenzen, dieses ist schon der Beginn von Mobbing.
8. Mobbing in der Familie: Kinder lächerlich machen vor den Geschwistern, Ausgrenzung, ständiges Schimpfen, Beleidigungen und Abwertungen bringen das Kind in eine schwierige Position/Außenseiterrolle in der Familie.
9. Mobbing ist auch, Kinder zu beschimpfen oder mit Worten und Blicken zu demütigen.
10. Wenn Kinder häufig Ausgrenzung oder Demütigung erfahren, so wird ihre Bindung zu den Eltern geschwächt und ihre Bindungsunsicherheit führt oftmals zum Mobbing.
11. Sein sie Vorbild für Toleranz, Respekt und zeigen Sie Achtung dem Anderssein gegenüber.
Briefgestöber bedankt sich herzlich bei Gundula Göbel und Katharina vom Blog nervenauszuckerwatte für diesen Artikel. Wenn euch dieses Thema interessiert, empfehlen wir einen Besuch auf der Seite :
http://nervenauszuckerwatte.blogspot.de
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