Kreatives Schreiben dient nicht dazu, das Autoren-Handwerk zu erlernen, damit man anschließend Bücher veröffentlichen kann, und dennoch trainiert es Fähigkeiten, die man als Schriftsteller braucht.
Kurz und vereinfacht übers kreativen Schreiben:
Im Ideenreich sind die jeweiligen Kurse so aufgebaut, dass jeder Abend thematisch mit kurzen und längeren Übungen gestaltet wird. Der Kreativität sind dabei keine Grenzen gesetzt. Es wird mit Gerüchen, visuellen oder auch akustischen Inspirationen gearbeitet. Die eigene Biografie dient als Fundus für Gedichte, spontane Texte oder ganze Kurzgeschichten.
Ein Beispiel:
1 Übung:
Damit alle ihren Kopf etwas „freischreiben“ verfasst jeder einen spontanen Text über „Was wäre, wenn heute etwas anders gelaufen wäre?
Das Vorlesen ist kein Muss, aber je nach Gruppendynamik verlieren sich eventuelle Hemmungen bereits mit der ersten Schreibaufgabe. Und als Schreibanleiter schreibt man immer mit!
2. Übung
Jeder notiert eine philosophische „Was wäre wenn ...Frage“ auf einem Zettel und wirft ihn in den Lostopf.
Beispiel: Was wäre, wenn die Erde doch eine Scheibe wäre?
3. Übung
Jeder notiert ein Genre, einen Ort und eine Zeit.
Anschließend wird aus dem Lostopf eine Frage gezogen und die Aufgabe für die längere Schreibübung lautet:
Schreibe aus der Perspektive eines Detektivs in dem notierten Genre (Western, SiFi, Krimi ...), wie er/sie zur notierten Zeit an den notierten Ort geht, um einen Umschlag mit einer Aufgabe zu suchen. Die „Was wäre wenn ...Frage“ ist das Lebensthema dieser Person, mit dem sie sich während ihrer Tätigkeit gedanklich beschäftigt.
Dafür erhält jeder einen Umschlag, der jeder Zeit geöffnet werden kann, wenn in der Kurzgeschichte der Auftrag gefunden wird. In diesem Fall enthielten die Umschläge alle ein Foto von dem Gemälde „Mona Lisa“ mit der Frage: „Warum lächelt Mona Lisa?“
30-40 Minuten Schreibzeit.
So sieht ein Abend aus, den wir mit unseren fortgeschrittenen Schreibern veranstalten, und die Ergebnisse sind äußerst erstaunlich.
Warum das Ganze?
Das begründe ich aus meiner ganz individuellen Sicht:
In erster Linie ist das kreative Schreiben eine ganz besondere Form des Gehirnjoggings. Man lernt, sich auf neue Aufgaben spontan einzulassen und ohne zu zögern draufloszuschreiben. Durch das Zusammenwürfeln unterschiedlicher und manchmal auch unpassender Inspirationen, muss man Grenzen und Erfahrungswerte auch mal fallen lassen und etwas vollkommen Neues kreieren. Mona Lisa im Western oder im Weltall zum Beispiel.
Der innere Kritiker hat während des ganzen Abends frei, weil es kein Richtig oder Falsch gibt. Es geht nicht darum, perfekte Texte zu schreiben. Viel mehr klopft man seine Gedanken vom Alltagsstaub frei und springt auch mal hinter die Absperrung, um zu sehen, was bei der Fantasie so los ist.
Und am Ende trainiert es auch das Loslassen. Eine wichtige Fähigkeit, wenn man auch Romane oder andere Texte veröffentlichen möchte.
Ich habe 2008/2009 mit dem kreativen Schreiben angefangen und ich behaupte mal, dass mein Thriller „Blinde Sekunden“ jetzt noch nicht auf dem Markt wäre, wenn ich die Kurse nicht besucht hätte. Wer schreiben will, der schreibt – das hat schon Natalie Goldberg gesagt. Das kreative Schreiben macht aus dem Schreibenwollen kleine Kreativfeste.
Es gibt noch zig andere positive Aspekte, die ich hier anführen könnte, aber stattdessen sage ich lieber: Probiert es aus!
Ich behaupte mal, dass in jeder größeren Stadt Abendkurse angeboten werden. Die Gruppendynamik gehört auch zu den positiven Aspekten, man kann sich aber auch an den Küchentisch setzen und einen Dialog zwischen dem Salzstreuer und der Zuckerdose lebendig werden lassen.
Ob im Zug, Bus oder Wartezimmer – man kann überall schreiben und sich von allem inspirieren lassen. Ihr werdet staunen, was ihr plötzlich alles entdeckt, das ihr vorher nicht bemerkt hättet.
So wie dieses Baugerüst, dessen Brettern ich den Titel gab „Einer ist immer anders“ – seht ihr, warum?
Es ist nie zu spät, kreativ zu sein!
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